MOTORENMENSCHEN by FVV | Dr.-Ing. Thomas Hildebrandt

IM AUFWIND — RISING HIGH

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WAS UNS SCHUB VERSCHAFFT

Der Weg von Thomas Hildebrandt ist zunächst sehr akademisch: Schulabschluss, Diplom, Promotion. Dann entdeckt er die Simulation für sich, programmiert eine Software und gründet als Unternehmer eine Firma. Seitdem widmet er sich rotierenden Strömungen – etwa den Luftströmungen in Triebwerken, Turboladern und Turbinen.

 

WHAT GIVES US IMPETUS

Thomas Hildebrandt initially followed a very academic path: school qualifications, degree, doctorate. Then he discovered simulation, programmed software and set up his own business. Ever since then, he has been devoting himself to rotating flows – such as the airflows found in engines, turbochargers and turbines.

THOMAS HILDEBRANDT

DE

Die Chancen der Simulation nutzen

Am Himmel sind dunkle Wolken aufgezogen, ein kalter Wind weht über die hügelige Landschaft. „Meistens mache ich das in den Sommermonaten“, erklärt Thomas Hildebrandt, während er seinen Schal etwas enger zieht. Dann lässt er das windschnittige Modell eines Segelflugzeugs mit einer beträchtlichen Spannweite von mehr als vier Metern beinahe mühelos in den Aufwind steigen. Eines ist sicher: Mit Luftströmungen kennt sich Hildebrandt bestens aus, privat wie beruflich, wenn er an Simulationswerkzeugen für die Entwicklung moderner Strömungsmaschinen arbeitet. „Neben dem Triathlon ist die Modellfliegerei für mich der perfekte Ausgleich“, erklärt Hildebrandt. „Zeit für meine Freizeitaktivitäten zu finden, ist aber nicht immer ganz einfach. Da geht es mir wohl so wie vielen anderen.“

Hildebrandt ist Gründer und Geschäftsführer des Numeca Ingenieurbüros, dem deutschen Ableger von Numeca Int. S.A., einer Firma, die Software für die Strömungssimulation entwickelt und vertreibt. Von der pittoresken Kleinstadt Altdorf nahe Nürnberg aus betreut er mit zehn Mitarbeitern ein Gebiet, das nicht nur Deutschland, Österreich und die Schweiz, sondern auch die Tschechische Republik und das ferne Südafrika umfasst. Mithilfe der Software können seine Kunden rotierende Strömungen in Turbomaschinen berechnen, etwa die Luftströmungen in Flugzeugtriebwerken, Turboladern und Dampfturbinen oder die Wasserströmungen in Wasserturbinen und Pumpen. Hildebrandt bietet mit seinem Ingenieurbüro die Strömungssimulation darüber hinaus auch als Dienstleistung an.

Bei der Entwicklung moderner Strömungsmaschinen fällt der Simulation eine wichtige Rolle zu. Denn um die Strömungsenergie bestmöglich aufzufangen und die Turbomaschinen mit sehr hoher Effizienz zu betreiben, werden heute komplexe, dreidimensionale Schaufelgeometrien eingesetzt, die im klassischen Trial-and-Error-Verfahren – wenn überhaupt – nur mit äußerst hohem Aufwand zu entwickeln wären. „Mit modernen Simulationsmethoden können Forscher und Entwickler Detaileinsichten gewinnen und Zusammenhänge erkennen“, sagt Hildebrandt. „Das ist die Basis, um die geometrische Auslegung von Turbinen in einem fortlaufenden Prozess strömungsmechanisch zu optimieren. Erst wenn ein Entwickler sieht, dass keine signifikanten Verbesserungen mehr zu erreichen sind, baut er einen Prototypen und verifiziert die Simulationsergebnisse am Prüfstand.“

Auf diese Weise eröffnen heutige Simulationsmethoden den Konstrukteuren von Turbomaschinen völlig neue Möglichkeiten. Als Hildebrandt an der Technischen Universität München in den 1980er Jahren Luft- und Raumfahrttechnik studiert, ist das noch anders: Da steckt die Simulation noch in den Kinderschuhen. Nach seinem Diplom ist er Anfang der 1990er Jahre „erster Simulant“: als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Strahlantriebe der Universität der Bundeswehr in München. Während seine Kollegen noch mit klassischer Messtechnik arbeiten, ist er der Einzelkämpfer, der neue Simulationswerkzeuge einführt und etabliert. „Als ich merkte, welche großen Chancen in der Simulation steckten, begann ich, meine eigenen Software-Werkzeuge zu schreiben“, berichtet Hildebrandt. „Ich habe tagsüber an meiner Promotion gearbeitet und nachts programmiert.“

Das hindert ihn nicht daran, im Jahre 1998 seine Promotion bei Professor Leonhard Fottner erfolgreich abzuschließen. Eine Laufbahn an der Universität anzustreben, ist für ihn aber keine Option mehr. Hildebrandts unternehmerischer Instinkt ist geweckt, und noch vor Studienabschluss gründet er eine kleine Firma und präsentiert die selbst geschriebene Simulationssoftware potenziellen Kunden, etwa den Herstellern von Flugzeugtriebwerken und Turboladern. Der Erfolg ist so vielversprechend, dass er als Alleingesellschafter 1997 die deutsche Repräsentanz von Numeca gründet.

Auch wenn die ersten Jahre der Selbstständigkeit steinig sind und Hildebrandt anfangs mit einem uralten Alfa Romeo durch die Lande fährt und in Jugendherbergen übernachtet, ist er heute überzeugt: „Das war mein Weg.“ Nach drei Jahren zieht die junge Firma aus Hildebrandts altem Elternhaus in die heutigen Räume nach Altdorf. Das ist auch die Zeit, in der er wieder Kontakt zur FVV aufnimmt. „Ich hatte mich freigeschwommen und suchte den fachlichen Austausch mit Kollegen“, berichtet er. „Die FVV war mir bereits aus meiner Zeit am Institut für Strahlantriebe bekannt und ich wusste, dass ich hier einen guten Überblick über die deutsche Forschungslandschaft gewinnen und Kollegen und Kunden treffen kann.“

Derzeit betreut Hildebrandt als Obmann zwei Arbeitskreise: den Arbeitskreis „Schaufelkräfte“, der sich damit beschäftigt, wie Strömungskräfte auf eine Struktur wirken, und den Arbeitskreis „Fortschrittlicher Transsonikverdichter“, in dem untersucht wird, wie numerische Verfahren einen Verdichter auf ein bestimmtes Ziel hin optimieren können.

Mittlerweile hat Hildebrandt auch Aufgaben in der Lehre übernommen, etwa als Lehrbeauftragter an der Hochschule Amberg-Weiden und als Honorarprofessor an der Universität von Stellenbosch in Südafrika, die rund 50 Kilometer südöstlich von Kapstadt liegt. „Mein Wissen an junge Menschen weiterzugeben ist mein Antrieb“, sagt Hildebrandt und betont: „Besonders, wenn es mir gelingt, Studenten für die Simulation zu begeistern.“ Auch wenn das nicht immer ganz einfach ist. Aber Hildebrandt hat ja Erfahrung damit, einen Aufwind zur rechten Zeit zu nutzen.

Weitere Motorenmenschen

DR.-ING. THOMAS HILDEBRANDT

Jahrgang 1963

Hildebrandt wurde in Göppingen geboren, wuchs aber im Umland von Nürnberg auf. Nachdem er die Hochschulreife erlangte, studierte er von 1984 bis 1990 Luft- und Raumfahrttechnik an der Technischen Universität München und machte seine Diplomarbeit bei MTU Aero Engines in München. Von 1991 an arbeitete er an seiner Promotion als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Strahlantriebe der Universität der Bundeswehr in München und schloss diese 1996 erfolgreich ab. Anfang 1997 gründete er das Numeca Ingenieurbüro, das er seitdem als Inhaber und Geschäftsführer leitet. Hildebrandt ist auch als Lehrbeauftragter und Gastprofessor tätig, etwa an der Hochschule Amberg-Weiden und der University of Stellenbosch in Südafrika. Hildebrandt ist verheiratet und hat ein Kind.

EN

Seizing the Chances of Simulations

Dark clouds have gathered in the sky; a cold wind blows across the hilly landscape. ‘I generally do this during the summer months,’ explains Thomas Hildebrandt, while tying his scarf a little tighter. Then he launches the streamlined glider model with an impressive wingspan of more than four metres almost effortlessly into the air. One thing is certain: Hildebrandt is highly familiar with airflows, both privately and professionally, when he works on simulation tools to develop modern computational fluid dynamics (CFD) machines. ‘Alongside the triathlon, model flying is the perfect way for me to relax,’ explains Hildebrandt. ‘But finding time for my leisure activities is not always that easy. I’m probably no different to anybody else in that respect.’

Hildebrandt is founder and managing director of Numeca, the German subsidiary of Numeca Int. S.A., a company that develops and markets software for CFD simulation. From the picturesque little town of Altdorf, near Nuremburg, he and his ten employees manage an area that not only encompasses Germany, Austria and Switzerland, but also the Czech Republic and faraway South Africa. With the help of software, his customers can calculate rotating flows in turbomachinery, including airflows in aircraft engines, turbochargers and steam turbines or the flow of water in water turbines and pumps. Hildebrandt’s engineering firm also offers CFD simulation as a service.

Simulation plays an important role in the development of modern turbomachines, because in order to optimally collect flow energy and operate the machinery with a high degree of efficiency, complex, three-dimensional blade geometries are used, which would be extremely difficult to develop – if at all – using the classic trial-and-error method. ‘Researchers and developers can get detailed insights and identify relationships using modern simulation methods,’ says Hildebrandt. ‘This forms the basis for optimising the flow mechanics of turbine geometry in an ongoing process. Once a developer sees that significant improvements can no longer be achieved, they build a prototype and verify the simulation results on the test stand.’

In this way, today’s simulation methods open up a world of completely new possibilities to designers of turbomachinery. It was all very different when Hildebrandt studied aerospace technology at the Technical University of Munich in the 1980s: simulation was still in its infancy. After graduating at the beginning of the 1990s, he became the ‘first simulator’ in his role as scientific assistant at the Institute for Jet Propulsion, part of the Bundeswehr University in Munich. While his colleagues continued to use classic measurement techniques, he was the only one working on introducing and establishing new simulation tools. ‘When I became aware of the big opportunities presented by simulation, I began to write my own software tools,’ reports Hildebrandt. ‘I worked on my doctoral studies during the day and programmed at night.’ This did not prevent him from successfully being awarded his doctorate in 1998 under the aegis of Professor Leonhard Fottner. However, pursuing an academic career at the university was no longer an option for him. Hildebrandt’s entrepreneurial instinct had been roused and before completing his studies he founded a small company and presented his self-written software to potential customers, such as manufacturers of aircraft engines and turbochargers. The success was so promising that he founded the German subsidiary of Numeca in 1997 as the sole shareholder.

Even though the early years of self-employment were rocky and Hildebrandt initially drove around the country in an old Alfa Romeo and stayed in youth hostels, today he is convinced: ‘That was the path I had to take.’ After three years, the fledgling firm moved out of Hildebrandt’s old family home into its current premises in Altdorf. This was also the time when he got in touch with the FVV again. ‘I had found my feet and was looking to share ideas and engage in dialogue with fellow professionals,’ he reports. ‘I was already familiar with the FVV from my time at the Institute for Jet Propulsion and I knew that I would be able to get a good overview of the German research landscape and meet colleagues and customers here.’ Hildebrandt currently chairs two working groups: the ‘blade forces’ working group, which is concerned with how flow forces affect structures, and the ‘advanced transonic compressor’ working group, which looks at how numerical processes can optimise a compressor for a specific purpose.

Meanwhile, Hildebrandt has also taken up teaching posts. He is visiting lecturer at the OTH Amberg-Weiden and honorary professor at Stellenbosch University in South Africa, around 50 kilometres south-east of Cape Town. ‘Passing on my knowledge to young people is what drives me,’ says Hildebrandt, before going on to stress: ‘Especially when I manage to get students interested in simulation.’ This may not always be easy, but Hildebrandt has experience of using an upward current at the right time.

More people behind modern research

DR.-ING. THOMAS HILDEBRANDT

Born 1963

Hildebrandt was born in Göppingen, but grew up outside Nuremberg. After leaving school, he studied aerospace technology at the Technical University of Munich between 1984 and 1990, completing his thesis at MTU Aero Engines in Munich. He began his doctoral studies in 1991 while working as a scientific assistant at the Institute for Jet Propulsion, part of the Bundeswehr University in Munich, and was awarded his doctorate in 1996. At the beginning of 1997 he founded Numeca Ingenieurbüro, of which he has been owner and managing director ever since. Hildebrandt is also a visiting lecturer and guest professor at the OTH Amberg-Weiden and Stellenbosch University in South Africa. Hildebrandt is married and has one child.